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Grosse Kunst im Kleinformat
Das Kunst-am-Bau-Duo Lang/Baumann zeigt noch bis Anfang Oktober im Zeughaus Teufen «96 Modelle» seiner raumgreifenden Arbeiten.

Vorne links: Zwei Modelle des Hotel Everland. (Bilder: Daniel Ammann)
Treppen, die ins Leere führen, ausladende Strassen- und Platzmalereien oder riesige Luftwürmer, die sich durch vornehme Fassaden fressen: An den Werken des Schweizer Künstlerpaars Sabina Lang und Daniel Baumann kommt man allein schon ihrer Grösse wegen kaum vorbei. Aber auch, weil die beiden den Räumen und Orten, an denen die Kunstwerke zu entdecken und oft auch zu begehen sind, einen neuen Dreh verpassen. Campen unter einer Kunstinstallation? Warum auch nicht. Oder gleich darin übernachten, wie im Hotel Everland, einem der bekanntesten Werke.
Lang/Baumann – 96 Modelle:
bis 1. Oktober, Zeughaus Teufen
Begleitpublikation: Lilia und David Glanzmann (Hg.): L/B Models, Scheidegger Spiess, 2023, Fr. 29.–
Während mehr als 30 Jahren Zusammenarbeit heimsten Lang/Baumann etliche Preise ein. Erst im Juli haben sie für ihre Installation Beautiful View #1 in Nanterre den renommierten Kunst-am-Bau-Preis «1 immeuble, 1 œuvre» des französischen Kulturministeriums erhalten. Auf der 22 Meter hohen Skulptur stehen vier grüne Stadionstühle. Die erste Idee dazu entwickelte das Künstlerpaar einst für einen Fussballplatz in Zürich, damals noch 40 Meter hoch, so hoch wie die obersten Ränge des St. Jakob-Parks in Basel.
Die Arbeiten von Lang/Baumann sind teils gigantisch und auf der halben Welt verstreut. Alle zu besichtigen, würde den CO2-Fussabdruck ziemlich vergrössern. Im Zeughaus Teufen kann man noch bis Anfang Oktober einige davon betrachten, zumindest komprimiert – buchstäblich: Das Museum zeigt 96 Miniaturen der raumgreifenden Werke. Grosse Kunst im Kleinformat, teils Arbeitsmodelle, teils Präsentationsmodelle, darunter auch Arbeiten, die nicht realisiert wurden.
Begleitveranstaltung «Kunst und Architektur im Dialog»:
13. September, 18:39 Uhr, Zeughaus Teufen. Nina Keel im Gespräch mit Sabina Lang (Künstlerin), Thomas Stüssi (Künstler) und Peter Märkli (Architekt)
Zu verdanken ist diese erstaunliche Schau dem neuen Kurator:innenpaar im Zeughaus Teufen, Lilia und David Glanzmann. Sie haben Lang/Baumann überhaupt erst auf die Idee gebracht, ihre Modelle aus dem Archiv zu holen. Neben Modellen der genannten Arbeiten ist auch das allererste ausgestellt: Who’s out von 1992 zeigt ein Selbstporträt in Schwarz-Weiss mit grossem Eisengitter davor. Man sieht ihm das Alter an. «Lange Zeit haben wir die Modelle in Regalen irgendwo im Keller oder im Atelier gelagert», erzählen Sabina Lang und Daniel Baumann in der Begleitpublikation zur Ausstellung. «Sie mussten einiges ertragen.»
Nun stehen sie dicht aneinandergereiht im Zeughaus Teufen. Und wie es bei Lang/Baumann Usus ist, haben sie auch bei dieser Installation auf die Umgebung reagiert. Die Hängekonstruktion des Baus der Baumeisterfamilie Grubenmann, deren Sammlung sich im Obergeschoss befindet, haben sie in die Präsentation der Modelle aufgenommen. Umrahmt sind sie von der Arbeit Comfort #21, die dem Raum eine intime Atmosphäre verleiht. A Beautiful View, in der Tat!
Dieser Beitrag erschien zuerst bei «Hochparterre».