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Ab nach Frauenfeld
Ein Abstecher in den Thurgau lohnt sich, am besten gleich das ganze Wochenende dafür einplanen, in Frauenfeld feiert nämlich das Out in the Green Garden sein zehnjähriges Bestehen.

Hatepop spielen am Freitag um 22:15 Uhr. (Bild: pd)
Das Lineup ist schon ohne die Namen der Acts zu lesen sehr sympa, denn anders als andere Festivals kommt das feine Frauenfelder Fest ohne typografische Hierarchien aus. Alle sind gleich geil, egal wie bekannt. Die einzig wichtige Headline: Alle sind willkommen und bezahlen am Eingang was sie wollen oder können.
Dass das Out in the Green Garden jetzt Jubiläum feiern kann, ist doppelt schön, weil sich noch vor wenigen Jahren dunkle Wolken über dem Frauenfelder Murg-Auen-Park zusammengebraut hatten. 2016 stand das ehrenamtlich organisierte Kulturfestival vor einer unsicheren Zukunft: Einige Anwohner äusserten «heftige Kritik am Openair und den damit verbundenen Lärmemissionen», wie das OK damals mitteilte. Es wehte eine steife Bise.
Auch die Stadt war skeptisch, wollte die Auflagen verschärfen und die Besuchszahlen reduzieren. Daraufhin gab es Runde Tische, ergebnislose Gesprächsversuche und schliesslich ein «Njet» für die Ausgabe 2017. Im Jahr darauf besserte sich dann die Wetterlage, ein Kompromiss wurde gefunden.
Unter anderem wurde das Festival zweigeteilt: bis 24 Uhr Konzerte im Murg-Auen-Park (Gelände A), danach Afterparty unter der Autobahnbrücke der Militärstrasse (Gelände B), was für weniger Gegenwind seitens der Anwohner:innen sorgte. Seither sind alle Beteiligten mehr oder weniger zufrieden. Tagsüber bis Mitternacht lädt der liebevoll dekorierte Murg-Auen-Park mit Konzerten, Jamsessions und einem Flohmarkt zum Verweilen ein; nachts wird etwas abseits zum Bass gesteppt.
Out in the Green Garden:
29. bis 31. Juli, Murg-Auen-Park Frauenfeld
Die diesjährigen Acts sind wie immer eine Mischung aus nah und etwas weniger nah, Crimer und Mischgewebe beispielsweise dürften eine eher kurze Anreise haben. Selbstverständlich ist auch die wuslige Frauenfelder Musik- und Labelszene vertreten. Zum Beispiel am Sonntag mit Paradisco, deren Album The Return of Minti Chlorella kürzlich beim Frauenfelder Label AuGeil erschienen ist (mehr zu AuGeil hier). Paradisco, das sind Lea Heimann und Katharina Reidy, ihr performativer Electropop dreht sich um allerlei Kleinstlebewesen und andere Mikrokosmen. Ihre Alliierten von Para Para kochen ebenfalls in der AuGeil-Küche und treten bereits am Samstag auf.
Auch gerappt wird im Murg-Auen-Park, und das bereits am Freitag: Lila Martini gibt sich die Ehre. Dass sie noch weit mehr kann, als dem Publikum ordentlich einzuheizen, hat sie unter anderem mit ihrer Mini-Serie «lilaTV» gezeigt, die sie 2020 im Rahmen ihrer Bachelorarbeit produziert hat. Ein Gegenentwurf zur männlich dominierten Rapszene mit klaren Kanten unter anderem von Kimbo und La Nefera, die am Freitag in Frauenfeld ebenfalls am Start ist. Abgerundet wird die wortreiche Nacht von Cachita und Hatepop.
Hörens- und ebenso sehenswert sind – nebst vielen anderen – sicher auch die wütenden Boys von Anger Mgmt. und das Duo Digifae, bestehend aus Diana Starshine und Galen Tipton – Fairycore und Hyperpop mit ungewissem Ausgang. Und dann ist da noch Mavi Phoenix, dessen ohnehin schon intim-poetischer Sound nach seinem Comingout als trans Mann noch um einiges souveräner wurde. Sein Album Marlon sei euch ans Herz gelegt.
Dieser Beitrag erschien im Sommerheft von Saiten.