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Angriff auf die Phantasieblockaden
Ums mit Pablo Haller zu sagen: Le Rex passt zu King Pepe «wie der Arsch auf den Eimer». Am Donnerstag kann man sich im Palace St.Gallen höchstpersönlich davon überzeugen lassen.

Würde man sich von einem Holzfäller massieren lassen? Oder würde man zur Lebensberatung die Polizei aufsuchen? Nein? Dann sollte man sich vor Musikjournalismus ehrlicherweise genauso in Acht nehmen.
Kann es denn gut gehen, Worte zu bemühen für etwas, das ohnehin gehört, gefühlt, erlebt werden soll? Um dieser Schwierigkeit adäquat zu begegnen, halten es etliche Bands für sinnvoll, das worldwideweb mit geisterhaften PR-Texten zuzumüllen, welche Zeitmangel und Phantasieblockaden in den Schreibstuben entgegenwirken sollen.
Vorwarnung inklusive Plattenkritik
Dabei geht verloren, was man «Kritik» zu nennen geruht, also die produktive, Regime-untreue und dadurch unterhaltsame Besprechung – eine Art Gewürz mit anarchistischem Goût, welches die Bretter, die die Welt bedeuten, abschmecken sollte. Fehlt dieses, beenden Gourmets in der Regel ihre Nahrungsaufnahme, um sich den Magen nicht zu verderben.
Die Liedbeschreibungen im Booklet der neuen Scheibe 70% Wasser von King Pepe & Le Rex entgehen dieser Gefahr. Zwar künden sie eine Baby-Jail-Klatsche bei 2 Minuten 30 an, erklären, dass das schwer wiegende Luschtig si wär anders verminderte Akkorde enthält, verraten den Arbeitstitel von Seife nei und dass im Lied Seligpreisungen ein Melodica-Solo vorkommt.
Geballte dadaistische Bösartigkeit
Die Kritik wird aber grad mitgeliefert, das erste Stück, Goldfisch, sei ganz in Fis-Moll und hänge leicht ins Nervige. Nadescha Tolokonnikova dafür sei ein vorgetäuschtes Liebeslied, worin Pepe der bevorzugten Attitude des ernstzunehmenden Schweizer Künstlers frönt: dem Leiden an Schicksalslosigkeit. So träumt er mit Nadescha gemeinsam, duurend die Faust in die Luft zu halten, auch einmal irgedwie beniide werde, bedütsam sy.
Das ganze Album, sehr gefühlvoll in piratischer Manier begleitet von Le Rex, klingt Pepe derart lieblich, dass man dringend misstrauisch werden sollte. Allerdings passt Rex zu Pepe wie der Arsch auf den Eimer (Pablo Haller), und das Gesamtpaket ist eine dadaistische Bösartigkeit, wie sie der schicksalslosen Käse-Insel schon seit längerem nicht mehr widerfahren ist.
Und da Selbstironie so sehr zur Sache passt – folgendes: Mein Metier sind die Wörter, also geht das Konzi gefälligst auch hören. Und kauft die CD, nur schon wegen dem Heftli. Husch!
King Pepe & Le Rex live: Donnerstag, 11. Dezember, 21 Uhr, Palace St.Gallen.
Aftershow mit Sir Dancealot, weitere Infos: palace.sg, kingpepe.ch
Bilder: pd.