, 9. April 2018
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Don’t tell me to be happy

Nicht nur am Montag: «Hört auf von mir zu erwarten, dass ich immer glücklich und joyful durchs Leben gehe», schreibt Nadja Keusch in unserem Aprilheft.

Nadja Keusch, fotografiert von Andri Bösch.

Diese Kolumne widme ich allen Menschen, die die Erwartungshaltung gegenüber ihren Mitmenschen haben, dass sie immer glücklich und «joyful» durchs Leben gehen. Und ich meine damit nicht, dass diese Menschen anderen Menschen Glück und Freude wünschen, viel eher dass sie von ihnen erwarten, dass sie glücklich und freundlich sind. Immer.

Warum mich das nervt? Weil es scheiss anstrengend ist! Für Menschen wie mich, die eher unzufrieden mit der Gesamtsituation sind, ist das eine zusätzliche Bürde. Und es löst mehr Ängste und Zwänge aus, als dass es helfen würde. Sprüche wie «Kopf hoch, denk positiv» sind nicht eben hilfreich. Wenn sie es wären, gäbe es ja keine Menschen, die hin und wieder schwermütig sind. Oder Menschen, die schon ein halbes Leben lang mit einer Depression kämpfen.

Manchmal möchte man einfach nur alleine ein Bier trinken in einer Bar. Mit niemandem sprechen. Ich weiss, wir alle, auch hier in St.Gallen, haben unsere Lieblingsbars, in denen wir die meisten anderen Gäste nach einer gewisser Zeit «kennen». Es heisst aber nicht, dass wir ständig mit allen palavern müssen. Oder dass es einem grundsätzlich schlecht geht, wenn man mal keinen Smalltalk führen will. Es ist viel eher ein Vermeiden, und ich finde, das sollte auch in einer Kleinstadt wie St.Gallen zugelassen sein. Ein Hinweis darauf, dass man gerne alleine sein würde, sollte reichen.

Warum man in eine Bar geht, wenn man viel lieber alleine sein möchte? Diese Frage kann ich euch gerne beantworten: Home drinking is killing pubs! Und manchmal schätzt man auch einfach die Einsamkeit unter Leuten. Oder habt ihr das Gefühl, dass der Smalltalk, den man mit einigen Leuten schon seit Jahren führt, ohne darüber hinaus zu kommen, irgendwie förderlich ist?

Ich finde es anstrengend, permanent Fröhlichkeit zeigen zu müssen, fröhlich «sein» zu müssen. Zumal man Fröhlichkeit auch einfach in Worten ausdrücken kann. Wenn man denn danach gefragt wird. Was ich eigentlich mitteilen möchte: Fröhlichkeit kommt nicht dann, wenn sie erwartet wird.

Nadia Keusch, 1994, arbeitet Vollzeit und beschäftigt sich in ihrer Freizeit gerne bei einem Glas Rotwein mit gesellschaftlichen Niedergängen.
Sie plant gerne das Auswandern, zieht es aber nie durch. Sie lebt in St.Gallen und schreibt die Hässig-Kolumne in Saiten.

Dieser Beitrag erschien im Aprilheft von Saiten.

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