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, 3. März 2022
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Graf Dracula auf Abwegen

Exakt vor hundert Jahren kam Nosferatu in die Kinos – die Spuren des Vampirfilms führen nicht nur in die Karpaten, sondern auch nach Ausserrhoden.

Das kostbarste Stück ist eine Original-Eintrittskarte zur Filmpremiere vom 4. März 1922 im Marmorsaal des Zoologischen Gartens Berlin – die mutmasslich einzige, die es weltweit noch gibt, sagt die Ausserrhoder Kantonsbibliothekarin Heidi Eisenhut.

Im März wird das 100-Jahr-Jubiläum des «Vaters aller Vampirfilme» gefeiert, nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Ostschweiz: Das St.Galler Kinok und das Rosental in Heiden zeigen den Film, und in Trogen gibt Heidi Eisenhut Einblick in die hier vorhandenen Dokumente und erläutert die überraschenden Umstände, unter denen sie nach Trogen geraten sind.

Dahinter steckt Albin Grau. Der Okkultist, Grafiker, Filmproduzent und Kunstmaler (1884-1971) spielte neben Filmregisseur F.W. Murnau eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Films. Grau, so wird überliefert, habe im Kriegswinter 1916 als Soldat in Serbien vom Vater eines Bauern erzählen gehört, der ein Untoter, ein «Nosferatu» sei. Nach dem Krieg gründete er 1921 die Filmproduktionsfirma Prana-Film und entwickelte Drehbuch, grafische Erscheinung und auch die Werbung für den Vampirfilm «nach dem Vorbild echt amerikanischer Filmreklame». Gemäss der Zeitschrift «Der Film» habe Grau jede Szene vor deren «kurbelreifer» Übergabe an Murnau bis ins Einzelne zeichnerisch entworfen – was sich anhand der in Trogen erhaltenen Skizzen bestätigt.

Der Film war allerdings ein finanzieller Flop, hinzu kam eine Klage der Witwe des Autors Bram Stoker wegen Plagiats – Murnau und Grau hatten ihre Story dessen 1897 erschienenem Roman Dracula abgekupfert. So ging die Prana Konkurs, Nosferatu blieb ihr einziger Film, trotz späterer Filmskizzen etwa zu einem Nürnberg-Film 1936, der Graus Begeisterung für den Nationalsozialismus wiederspiegelt.

Nosferatu: 4. März Kinok St.Gallen, 20. März Rosental Heiden

Originaldokumente zum Film: 6. und 13. März, Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden

Arte-Dokumentation: 9. März

Nosferatu mit Live-Vertonung, Duo Garbini & Kuhn: 12. März Industrie 36 Rorschach, 16. März Kellerbühne St.Gallen

ar.ch/kantonsbibliothek

Grau war, wie Heidi Eisenhut in einem Beitrag im Ausserrhoder Kulturmagazin Obacht schreibt, seit den 1920er-Jahren zudem an Okkultismus interessiert und ein Anhänger des satanistischen Gurus Aleister Crowley. Ein anderer Adept der esoterischen Gemeinschaft, Hermann J. Metzger baute nach dem Zweiten Weltkrieg in der «Rose» im ausserrhodischen Stein ein Zentrum der Psychosophie auf, die «Abtei Thelema». Dort meldete sich 1971 Albin Grau mit dem Anliegen, dass «seine geistwissenschaftlichen und bildhaften Arbeiten» nicht in unberufene Hände fallen sollten. So gelangte Graus Nachlass nach Stein – und nach dem Tod der Metzger-Nachfolgerin Annemarie Aeschbach 2008 in die Ausserrhoder Kantonsbibliothek, zusammen mit deren gesamter Collectio Magica et Occulta (CMO).

Auf die Ausserrhoder Fährte hat sich auch der Sender Arte gemacht. Für seine 75minütige Dokumentation Nosferatu – ein Film wie ein Vampir wurde unter anderem in Stein und Trogen gedreht. Arte bietet zum 100-Jahr-Jubiläum gleich ein einwöchiges Vampir-Special, in dessen Rahmen die Doku, zusammen mit Murnaus meisterlicher «Symphonie des Grauens», am 9. März zu sehen ist.

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