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Hummler schläft (schlecht)
Es wurde dann doch ein Wochenende ohne das grosse Konrad-Hummler-Interview. Allerdings nicht ohne O-Ton des gefallenen Bankers. In einem Text, der eigentlich Pressegeschichte machen müsste, lässt die NZZ ihren Verwaltungsrat im Feuillton der Samstagsausgabe über den Schlaf räsonieren. Am Tag, nachdem der Ablasshandel mit den US-Behörden bekannt wurde. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist wahlweise absurd, […]

Es wurde dann doch ein Wochenende ohne das grosse Konrad-Hummler-Interview. Allerdings nicht ohne O-Ton des gefallenen Bankers. In einem Text, der eigentlich Pressegeschichte machen müsste, lässt die NZZ ihren Verwaltungsrat im Feuillton der Samstagsausgabe über den Schlaf räsonieren. Am Tag, nachdem der Ablasshandel mit den US-Behörden bekannt wurde. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist wahlweise absurd, ignorant – oder typisch NZZ.
Hier ein Ausschnitt:
«Gewiss, es ist gibt jene Nächte, in denen die Angst regiert und nach denen der Morgen eine Erlösung ist. Aber Schlaflosigkeit ist vielfältiger. Da gibt es zum Beispiel jenen Halbwachschlaf in Erwartung eines grossen Tages. Was der lendemain nach einer Liebesnacht, ist die «lendenuit» als Antizipation entscheidender Ereignisse.»
Usw., usf.
Für die wesentlichen Themen ist weiterhin Prozesstaktik massgebend. Der «Sonntag» erfuhr via Hummlers «Anwalt und Schulfreund Valentin Landmann», dass sich der Wegelin-Teilhaber bis zum 4. März Zeit nehmen werde, «bis er sich zur Steueraffäre mit den Amerikanern äussern will». Der Grund: Erst am 4. März wird der Ablasshandel rechtskräftig.
In der «Basler Zeitung» vergisst René Zeller , dass die Klage gegen drei Wegelin-Mitarbeiter weiterhin bestehen bleibt. Er schreibt:
«Wegelin hat diese Verantwortung nicht auf Kunden oder Mitarbeiter abgewälzt. Die persönlich haftenden Teilhaber sind an Bord geblieben und haben unter strikter Einhaltung aller Schweizer Gesetze und Vorschriften den Rechtshändel beendigt. Deshalb ehrenhaft.»
Der «Sonntag» rechnete vor:
«Nach Abzug der Strafzahlungen an die Amerikaner sowie Anwaltskosten von 20 bis 30 Millionen Franken bleiben Hummler und seinen Mannen rund 450 Millionen als Liquidationsdividende. Hummler dürfte davon über 50 Millionen Franken erhalten. Kein schlechtes Geschäft, das vielleicht erklärt, warum Hummler nach nur einem Jahr auf der Anklagebank das Handtuch warf.»
Wo ist Hummler, fragt sich das «St.Galler Tagblatt»:
«Für Stirnrunzeln sorgt auch das anhaltende Schweigen von Konrad Hummler. Seit die Bank Wegelin in den USA am Pranger steht, hat sich der prononcierte Verteidiger des Bankgeheimnisses kaum mehr öffentlich geäussert. ‹Das entspricht ihm überhaupt nicht›, sagt SP-Nationalrätin Hildegard Fässler. ‹Hummler hat öfters ein grosses Wort riskiert. Ich hätte erwartet, dass er auch in diesem Fall bis zuletzt im Vordergrund bleibt.›»
Die «NZZ» verärgert Schweiz Tourismus und sorgt sich um die Banker, die wegen drohenden Strafklagen nicht mehr ins Ausland reisen dürfen:
«Ihr Leben wäre freudlos geworden, weil sich damit ihr Bewegungsspielraum auf die Schweiz beschränkt hätte.»
Das wegen der Konstellation härteste Verdikt stammt wiederum von der «NZZ», aus dem Kommentar zur Affäre vom Samstag:
«Die Bank hat für einen Pappenstiel ihre Existenz verspielt. Die Teilhaber müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, in ihrem unternehmerischen Kerngeschäft, dem Umgang mit Risiken, Fehler begangen zu haben.»
Weil es sich grad anbietet, nochmals O-Ton-Hummler aus dem Schlaf-Text, der auch dem «Sonntag» aufgefallen ist und zur süffisanten Bemerkung verleitete:
«Nicht im fünfspaltigen Wirtschaftsteil äusserte sich Hummler, sondern im vierspaltigen Feuilleton, in dem er sich vielleicht sowieso ein bisschen wohler fühlt.»
Hier also NZZ-Verwaltungsrat Konrad Hummler zu seinem Befinden:
«Schlaflosigkeit gehört zum Leben dessen, der nicht im Schlaf des Selbstgerechten und Selbstzufriedenen sein Leben verpasst. Schlaflosigkeit ist die Prämie, die wir für eine aktive Lebensgestaltung zu bezahlen haben.»