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Krach ums weisse Bild
Am Parfin de Siècle, dem Kleintheater hoch über dem St.Galler Picobello-Platz, inszeniert Theaterleiter Matthias Flückiger Yasmina Rezas Bühnen-Bestseller «Kunst». Neben ihm spielen Tim Kramer und Volker Ranisch. Am Freitag ist Premiere.
Die Ausgangslage scheint banal. Serge hat ein Bild gekauft, ein weisses Bild mit weissen Streifen, und gerät darüber mit seinen beiden Freunden in Streit. 200’000 Francs für ein weisses Nichts?
Marc kann es nicht fassen, Yvan versucht zu vermitteln, Serge verteidigt sich und wird verbal beinah ausfällig: «Für mich ist es nicht weiss. Wenn ich sage, für mich, dann meine ich objektiv. Objektiv gesehen ist es nicht weiss. Es hat einen weissen Untergrund, und dazu eine ganze Farbskala von Grautönen… Marc sieht es weiss… Das ist seine Beschränkung… Marc sieht es weiss, weil er in die Vorstellung verrannt ist, es sei weiss. Yvan nicht. Yvan sieht, dass es nicht weiss ist. Marc mag denken, was er will, er kann mich am Arsch lecken.»

Serge (Matthias Flückiger, links), Yvan (Volker Ranisch) und Marc (Tim Kramer): Männerfreundschaft auf dem Prüfstand. (Bilder: Förderraum St. Gallen, Fella Benfattoum/Sheelin Früh.)
«Kunst» (mit Anführungszeichen) hat die französische Autorin Yasmina Reza ihr Dreimännerstück betitelt. 1996 uraufgeführt, wurde es zum Welterfolg und in 40 Sprachen übersetzt. Eine Komödie, die zum Lachen und zum Denken anstiftet; die Autorin selber erklärte einmal: «Das Drama von ‹Kunst› ist ja nicht, dass Serge das weisse Bild kauft, sondern dass man mit ihm nicht mehr lachen kann.»
Yasmina Reza: «Kunst»,
9. September 20 Uhr (Premiere), weitere Vorstellungen bis 6. November, Parfin de siècle St.Gallen
Jetzt gibt es in St.Gallen Gelegenheit zum Wiedersehen mit dem «Klassiker» des zeitgenössischen Sprechtheaters: Im Parfin de siècle inszeniert dessen Leiter Matthias Flückiger das Stück. Er spielt selber den Serge, seine Gegen-Spieler sind Tim Kramer und Volker Ranisch.
Kramer, der frühere Schauspieldirektor in St.Gallen, hat 2017 am TaK in Schaan das Stück bereits einmal selber inszeniert. Drei schauspielerische Koryphäen, passend zu den drei Alphatieren im Stück von Yasmina Reza – man darf gespannt sein, wie sich die Kunst-Debatte zwischen ihnen abspielt.
Dieser Beitrag erschien im Septemberheft von Saiten.