1 Kommentar
Parlament sagt Nein zum Textilmuseum
Das St.Galler Stadtparlament hat am Dienstag an der Budgetsitzung den Beitrag an die Sanierung des Textilmuseums aus der Investitionsrechnung gekippt. Dies ist zwar ein symbolischer Akt, aber auch ein unmissverständliches Zeichen, dass es die Vorlage schwer haben wird.

Unter dem Textilmuseum soll der neue Ausstellungssaal mit 1300 Quadratmetern entstehen. (Collagen: DOME, RAS)
Vor etwas mehr als drei Wochen haben die Verantwortlichen des Textilmuseums St.Gallen das Baugesuch für die Erneuerung des fast 150-jährigen Gebäudes eingereicht. Die Kosten für das aufwändige Projekt mit einem neuen unterirdischen Ausstellungssaal sind auf 48 Millionen Franken veranschlagt. Knapp die Hälfte davon soll die öffentliche Hand übernehmen: die Stadt 7,5 Millionen Franken, der Kanton 15 Millionen. Der St.Galler Stadtrat hat den städtischen Beitrag in die Investitionsplanung für 2025 eingestellt, der kantonale Beitrag ist im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) 2026–2028.
An der Budgetsitzung des Stadtparlaments vom Dienstagabend zeigte sich jedoch, dass es der städtische Beitrag schwer haben wird. Das Parlament stimmte mit 39 Ja- zu 20-Nein-Stimmen (bei zwei Enthaltungen und zwei Abwesenheiten) dem Antrag der Geschäftsprüfungskommission (GPK) zu, die 7,5 Millionen aus der Investitionsplanung zu streichen. Zwar handelte es sich dabei um einen rein symbolischen Akt, denn Eingriffe des Parlaments in die Investitionsplanung sind für den Stadtrat nicht bindend. Doch es ist ein Akt mit Signalwirkung.
Stadtpräsidentin Maria Pappa kündigte denn auch an, dass der Stadtrat trotz der Streichung im kommenden Jahr dem Parlament eine entsprechende Vorlage unterbreiten werde. Er werde aber «die Hinweise berücksichtigen» – was auch immer das konkret heissen mag.
«Das widerspricht meinem demokratischen Verständnis»
Patrick Angehrn, Präsident der Mitte/EVP-Fraktion, die mit einem ganzen Strauss von Kürzungsanträgen betreffend die Investitionsrechnung gescheitert war, empörte sich über diese Aussage. Es dürfe nicht sein, dass vom Parlament gestrichene Beiträge diesem in einer Vorlage nochmal zur Abstimmung unterbreitet würden. «Das widerspricht meinem demokratischen Verständnis.» Maria Pappa entgegnete, dass das Parlament ohne genauere Informationen zu den jeweiligen Projekten die entsprechenden Beiträge nicht seriös beurteilen und diese folglich nicht selber aus der Investitionsplanung streichen könne.
Der Stadtrat habe gegenüber der GPK erklärt, es sei üblich, dass die Stadt bei solchen Projekten einen Beitrag leiste, sagte Präsident Andreas Dudli. Einige GPK-Mitglieder hätten darauf hingewiesen, dass das Textilmuseum identitätsstiftend für die Stadt St.Gallen sei. Es werde auch vom Bund unterstützt, was seine Wichtigkeit unterstreiche. Andere GPK-Mitglieder seien jedoch der Auffassung gewesen, dass diese nicht zu den Kernaufgaben der Stadt gehöre. Schliesslich habe die GPK mit 6:5 Stimmen entschieden, die Streichung des Beitrags zu beantragen.
Abkehr von ursprünglichem Versprechen?
Mit dem jährlichen Subventionsbeitrag von 436’000 Franken trage die Stadt bereits dem Umstand Rechnung, dass das Textilmuseum für St.Gallen eine historische und wichtige Bedeutung habe, sagte Evelyne Angehrn von der SP/Juso/PFG-Fraktion. Allerdings habe die Stadt auch viele andere Verpflichtungen und viele Investitionen stünden an. Ihr liege die Kultur sehr am Herzen, betonte Angehrn. «Angesichts der Finanzen der Stadt erscheint es unserer Fraktion zum heutigen Zeitpunkt aber nicht opportun, bereits 2025 einen Investitionsbeitrag von 7,5 Millionen für die Sanierung des Gebäudes zu reservieren.» Aktuell könne sich die Stadt eine solche neue Unterstützung nicht leisten.
Evelyne Angehrn erinnerte zudem an die parlamentarischen Diskussionen um die Erhöhung der städtischen Subventionen 2018 und 2019. Damals habe der damalige Präsident des Vereins Textilmuseum, Tobias Forster, in der GPK ausgeführt, es sei klar, dass das Museum von der Stadt nicht auch noch Gelder für die Sanierung beantragen werde. Das Gebäude solle mit privaten Mitteln saniert werden. Wenn die Stadt jetzt also die Sanierung mitfinanzieren möchte, müsse sie sich diese Aussagen in Erinnerung rufen.
René Neuweiler von der SVP-Fraktion sprach hingegen davon, den Beitrag aus der Investitionsplanung zu streichen sei «Augenwischerei», da der Stadtrat ohnehin eine entsprechende Vorlage bringen werde. Ausserdem sei das Textilmuseum eine der wenigen Einrichtungen in der Stadt, die deren kulturelles Erbe bewahre. Die Textilzeit sei für St.Gallen identitätsstiftend, und aufgrund des historischen Erbes sei das Parlament «verpflichtet», diese wichtige Institution der Kulturvermittlung zu unterstützen. Neuweiler plädierte dafür, die Vorlage mit den Details zum Projekt abzuwarten und dann zu entscheiden, ob der Beitrag gestrichen werden soll oder nicht.
Dass die Stadt für das Textilmuseum einen Baubeitrag leiste, habe mit der Geschichte zu tun, sagte Stadtpräsidentin Maria Pappa, «mit unserer ausserordentlichen Vergangenheit im textilen Bereich, was die Entwicklung unserer Stadt stark geprägt hat». Das Museum sei ein Alleinstellungsmerkmal. Es sei nicht realistisch, dass es sämtliche Kosten allein tragen könne – immerhin übernehme es die Hälfte.
Subventionserhöhung im zweiten Anlauf
Es ist nicht das erste Mal, dass es das Textilmuseum im Stadtparlament auf Widerstand stösst. Bereits 2018 hatte dieses die Erhöhung der Subventionen um 150’000 auf total 430’000 Franken abgelehnt – einstimmig. Die GPK kritisierte damals, die Information des Präsidenten des Vereins Textilmuseum sei ungenügend gewesen und es seien noch zu viele Fragen offengeblieben. Ein Jahr später stimmte der Rat der Subventionserhöhung schliesslich zu.
Es scheint zumindest fraglich, ob es auch diesmal ein Happy End für das Textilmuseum geben wird. Das deutliche Nein des Parlaments zum städtischen Beitrag an die Sanierungskosten ist jedenfalls ein unmissverständliches Indiz dafür, dass es die Vorlage sehr schwer haben wird, in einigen Monaten eine Mehrheit zu finden.
Das einzige Museum der Stadt, das die städtisch-industrielle Geschichte abbildet, scheint der Ratslinken wegen des omnipräsenten Namens Kriemler immer noch ein Dorn im Auge zu sein. Auch wenn ich das Bauprojekt als überdimensioniert empfinde, so ist dieses absolute Zeichen des Stadtparlaments doch fatal. Schade, das hätte man anders lösen können.