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Piz BIZ
Warum nicht wiedermal ein paar Gedanken der «Standortbestimmung und Laufbahnberatung» widmen?, fragt sich Saiten-Kolumnist Jan Rutishauser. Bevor es zu spät ist… Sein Beitrag aus dem Oktoberheft.
uf meinem Weg zur Migros im Neumarkt spaziere ich regelmässig am Berufsinformationszentrum vorbei. An manchen Tagen steht ein Schild vor der Eingangstür mit den Worten: «BIZ offen.» Und genau so fühle ich mich eigentlich auch immer im Bezug auf einen Karrierewechsel: e BIZ offe.
Mein erstes Mal beim Berufsberater war direkt nach der Kantonsschule. Fazit: Ich solle Lehrer werden. Sicher nicht, habe ich gedacht. Mein ganzes bisheriges Leben war ich Schüler. Warum sollte ich plötzlich zur Verliererseite wechseln?!
Irgendwie schien der Herr Berufsberater damals aber doch ein wenig den richtigen Riecher gehabt zu haben. Jahre später führte ich auf einer Gartenparty nämlich folgenden Dialog:
Er: Und was machsch du so?
Ich: Ich bi Kabarettist.
Er: Ah cool. Und wie hett dir s’Lehrersemi gfalle?
Ja, man kann sagen, ich bin als Quereinsteiger Kleinkünstler geworden. Also, ich war vorher nicht Lehrer.

Jan Rutishauser, 1987, ist Kabarettist, Kolumnist und Coach für Rechtschreibung und Comedy Writing. (Illustration: Lukas Schneeberger)
Kürzlich hatte ich beim Spazieren ein wenig Zeit und bin ins BIZ hineingegangen. Welches zu meiner grossen Enttäuschung ganz offen war. Drinnen sprang mir als erstes ein Flyer ins Auge mit der Aufschrift «Perspektiven ab der Lebensmitte».
Die Headline fand ich ein bisschen verwirrend. Ich meine, wer weiss schon, wann man die Lebensmitte überschritten hat? Aber der Untertitel sprach mich an: «Standortbestimmung und Laufbahngestaltung.»
Standortbestimmung stelle ich mir als Berufsberater:in ziemlich einfach vor. In den meisten Fällen ist es der Tiefpunkt. Sonst wären die Menschen ja nicht hier. Das BIZ ist wohl nur dann der Karrieregipfel, wenn man Berufsberater:in werden möchte. Quasi der Piz BIZ.
Weil ich schon mal da war, habe ich einen Beratungstermin ausgemacht. Auch wenn ich zugegeben ein wenig skeptisch war. Schliesslich wissen
Berufsberater:innen über jeden einzelnen Job Bescheid, bleiben aber Berufsberater:innen! Und empfehlen anderen dann aber, nicht Berufsberater:in zu werden. Sondern Lehrer. Was schlau ist. Damit sichern sie sich ihren Arbeitsplatz. Denn bei jedem neuen Lehrer weiss die Berufsberaterin: Den sehen wir bald wieder. So geht ihnen die Arbeit nie aus.
Eine Woche später nahm ich meinen Beratungstermin wahr und der verlief wie erwartet. Die Berufsberaterin fragte mich:
«Händ sie scho mol drüber nodenkt, Lehrer z’werde?»
«Jepp, drum bin ich jo au do. Bevor’s no so wiit chunnt.»