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Relikte der bürgerlichen Politik: der Parkplatz (III)
Hilfe, die Parkhäuser sind halbleer! Früher haben wir manchmal Autos gezählt, als Kinder. Jetzt zählen wir für einmal Parkplätze. Tönt vielleicht kindisch, ist es aber nicht. Denn es geht um drei nicht ganz unwichtige Dinge: den Volkswillen, das Geld und die falschen Verkehrsanreize. Am Dienstag debattiert das Stadtparlament über die Marktplatz-Vorlage. Der Stadtrat will jetzt […]

Hilfe, die Parkhäuser sind halbleer!
Früher haben wir manchmal Autos gezählt, als Kinder. Jetzt zählen wir für einmal Parkplätze. Tönt vielleicht kindisch, ist es aber nicht. Denn es geht um drei nicht ganz unwichtige Dinge: den Volkswillen, das Geld und die falschen Verkehrsanreize.
Am Dienstag debattiert das Stadtparlament über die Marktplatz-Vorlage. Der Stadtrat will jetzt auch keine neue Parkgarage am Schibenertor mehr, dafür eine Ersatzlösung mit etwa 50 zusätzlichen Parkplätzen am Unteren Graben. Die Parkplatzfreunde halten weiterhin das Schibenertor (285 Plätze) für die einzig richtige Lösung. Sonst drohe, so die FDP, den Innenstadtgeschäften der Niedergang.
Also: Herrscht in der Innenstadt Parkplatznot? «Saiten» hat mit Hilfe des Computers und des städtischen Parkleitsystems gezählt, mehrere Wochen lang, die nachstehende Grafik gibt Auskunft darüber. Sie zeigt geordnet nach Parkräumen, Tagen und Tageszeit die Zahl der jeweils leerstehenden Parkplätze.
Das Bild ist je nach Standpunkt: beglückend oder niederschmetternd. Denn es sagt: Rund um die Innenstadt und sogar am zentralen Marktplatz sind permanent mehrere hundert bis weit über tausend Parkplätze in den Parkhäusern frei. Sogar am Abendverkaufsdonnerstag, sogar am Samstagmittag. Das politische Fazit kann nur heissen: Es braucht keine neue Parkgarage und auch keinen Ersatz für die am Marktplatz aufzuhebenden oberirdischen Parkplätze. Es hat genug.
Wer dieses Fazit zieht, achtet erstens den Volkswillen – denn die Ablehnung der Marktplatzvorlage im letzten Jahr verdankte sich in erster Linie der damals noch geplanten Schibenertor-Parkgarage, die eine Mehrheit ablehnte. Wer so handelt, spart zweitens Geld. Denn die 30 Millionen am Schibenertor (wenn auch zur Hauptsache privat investiert) wären sinnlos verlocht für etwas, das wir nicht brauchen. Mit dem Geld könnten Investoren und Stadt den gebeutelten Innenstadtgeschäften und Beizen mit Direktzahlungen unter die Arme greifen, wie in der Landwirtschaft, in Anerkennung ihres volkswirtschaftlichen, stadtbelebenden und tourismusfördernden Nutzens. Und würden damit Menschen statt Autos unterstützen.
Schliesslich: Wer gegen zusätzliche Parkplätze ist, handelt zukunftsträchtig. Denn die Zukunft des Stadt- und Agglomerationsverkehrs kann nur heissen: weniger Individualverkehr, mehr öffentlicher Verkehr. Neue Parkplätze wären der falsche Anreiz, sie ziehen nur wieder mehr Autos an, ebenso wie dies ein neuer Autobahnzubringer oder eine weitere Stadtautobahn-Röhre täten. Das sind Relikte einer nicht mehr zukunftstauglichen bürgerlichen Verkehrspolitik.
Die Botschaft der Parkhauszahlen ist unmissverständlich – zu hoffen ist, dass das Stadtparlament die Botschaft auch hört.
Ganz grosses Kino, danke!
Das wäre doch ein guter Zeitpunkt, dass der Stadtrat seine zwei Verwaltungsratsmandate in der City Parking AG aufgibt…
[…] sehr erhellende Untersuchung, die Saiten da durchgeführt hat: Parkplätze zählen für den öffentlichen […]