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Saiten im Dezember: S?!%#*
Ist Wut eine destruktive Kraft? Oder ist sie vor allem eine Kraft? Und überhaupt: Wo bleibt eigentlich die Wut der «linksgrün versifften Gutmenschen», wie sie von den Bösmenschen so gern genannt werden?

Die Bilder zum Titelthema hat Beni Bischof gemacht.
Ziemlich genau zehn Jahre ist es her, November 2007, dass Saiten ein Heft zum Thema Zorn gemacht hat. Verbales und körperliches Dreinschlagen sei «gerade in unserer Zeit an der Tagesordnung», schrieb Johannes Stieger damals im Editorial. Heute dürfen wir wohl getrost sagen: Netter ist die Welt definitiv nicht geworden, im Gegenteil.
Aus linker Sicht gab es im laufenden Jahr unzählige Gründe, zornig oder eben – wütend – zu sein: Europa flitzt weiterhin fröhlich die Rechtsrutschbahn hinunter, wenn das Meer die Schutzsuchenden nicht verschluckt, tun es nun libysche Warlords, Trump scharmützelt ungehindert vor sich hin und die Schweiz gesteht ihren Männern nicht einmal lumpige zwei Wochen Vaterschaftsurlaub zu. Das nur einige Müsterchen. Und dann sind da noch all die individuellen Kleinigkeiten: Bus abgefahren, zu viel Monat übrig am Ende des Geldes, alle vier Wochen den roten Pollock in der Unterhose usw.
Ist Wut eine destruktive Kraft? Oder ist sie vor allem eine Kraft? Sind sogenannte Wutbürger zu verurteilen oder nur dann, wenn sie nicht meiner Meinung sind? Und überhaupt: Wo bleibt eigentlich die Wut der «linksgrün versifften Gutmenschen», wie sie von den Bösmenschen so gern genannt werden? Fragen über Fragen – einige davon versuchen wir in diesem Heft zu klären: Jolanda Spiess-Hegglin erzählt von ihrem Umgang mit Hatespeech, Michael Etter spricht mit Soziologin Lea Stahel über die Wut in den sozialen Medien, Jana Vanecek liefert eine Analyse zur Figur des Wutbürgers und Rapper Odium fragt ebenfalls: Wo bliibt d’Wuet?
Und dann sind da noch die Menschen abseits der Macht. Wie Hansueli Stettler, Kämpfer gegen die Funkstrahlung. Oder Iris von Roten, über deren Wut Marina Widmer schreibt. Tyna Fritschy und Laura Nitsch liefern das grosse Theoriestück zu den Attitüden der Macht, ein Essay über Wut und Klassendifferenz in prekären Zeiten. Die Bilder zum Titelthema hat Beni Bischof gemacht.
Weiter im Heft: Saiten lässt tief blicken – im Namen der Transparenz, der Community und des heiligen Fortschritts. Löhne, Jahresumsatz, Mitgliederzahlen, Einzugsgebiete und andere Fakten zu unserem Kulturmagazin: auf den Seiten 44 bis 47.
Ausserdem: 40 Jahre Rigolo, ein Jahr «Charlie Hebdo» Deutschland, AJ Tracey im Palace, On the Rood mit Jakob Vetsch – und eine neue Kolumne, passend zum Titelthema: Nadja Keusch ist Mitte 20 und hässig und sagt es auch so. In your face. Ihre erste Tirade gilt den Michael-Kors-Taschen-Trägerinnen und möchtegern individuellen Löcherjeans-Fans dieser Welt, zu finden auf Seite 10.
Noch irgendwas zum neuen Jahr? Gute Wünsche oder so? Wir halten es lieber mit Stéphane Hessel: Auf die Wut und die Empörung muss Engagement folgen.
Corinne Riedener
Der Inhalt:
Reaktionen/Positionen
Redeplatz mit Imelda Natter
Hässig von Nadja Keusch
Stimmrecht von Gülistan Aslan
Herr Sutter sorgt sich… von Bernhard Thöny
Evil Dad von Marcel Müller
Blickwinkel von huber.huber
S?!%#*
Tausche Wut gegen Superkräfte
Wie schnell war ich früher auf 180. Heute bin ich kein Opfer mehr.
von Jolanda Spiess-Hegglin
Der Wutbürger ist ein Angstbürger
Gedanken zu einem unsympathischen Zeitgenossen.
von Jana Vanecek
Rüpel im globalen Dorf
Wie Algorithmen wütende Inhalte belohnen.
von Michael Etter
Frauen, regt euch auf!
Ein zorniger Blick zurück und ein Lob auf die zornigen Frauen.
von Marina Widmer
Die Wut des Don Quichotte
Hansueli Stettler und der Mobilfunk – Porträt eines Unermüdlichen.
von Peter Surber
Attitüden der Macht
Wut und Klassendifferenz in prekären Zeiten. Ein Essay.
von Tyna Fritschy und Laura Nitsch
Wo bliibt d’Wuet und de Muet? Der Rap.
von odium
Die Bilder zum Titelthema stammen von Beni Bischof.
Perspektiven
Flaschenpost aus dem Alpenhof
von Luisa Marinho & Miro Spinelli, Valle Medina & Benjamin Reynolds, Faye Coral Johnson & Mike S Redmond
René Rohner hat Aids.
Das Interview über Diskriminierung und Präventionsarbeit mit Jugendlichen.
von Corinne Riedener
Que vive Charlie!
Zum Ein-Jahr-Jubiläum der deutschen Ausgabe.
von Florian Vetsch
Saiten lässt tief blicken – finanziell, inhaltlich, geografisch.
Die Löhne, die Kosten,
die Einnahmen, die Inhalte, die Mitglieder.
Kultur
In der Balance: 40 Jahre Rigolo.
von Peter Surber
Vù hììana, vù überììana. Die RiiZitt und ihre Macherinnen.
von Marcel Hörler
On the Rood: Jakob Vetsch neu entdeckt.
von Hanspeter Spörri
Glow, der Film über Zürichs wilde Jahre.
von Corinne Riedener
Grime neu erfinden: Rapper AJ Tracey.
von Corinne Riedener
Das Historische Museum und die Raubkunst.
von Claudio Bucher
Der Unbekannte: Rudolf Gampers Vadian-Biografie.
von Peter Müller
Kulturparcours
Mixologie
von Niklaus Reichle und Philipp Grob
4 Gedichte im Dezember
von Claire Plassard und Florian Vetsch
Abgesang
Kehl buchstabiert die Ostschweiz
Kellers Geschichten
Kreuzweiseworte
Pfahlbauer
Boulevard