, 20. April 2023
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Schleier über der russischen Kohle

In seiner Antwort auf einen Vorstoss schreibt der St.Galler Stadtrat, ihm seien keine Verflechtungen hier ansässiger Personen mit sanktionierten russischen Rohstoffkonzernen bekannt. Schwierig sei die Beurteilung allerdings in Fällen, wo Verflechtungen bewusst verschleiert würden.

Es gibt sie, die Ostschweizer Verflechtungen mit dem russischen Rohstoffhandel. (Bild: Hans Fässler)

Da hat sich der Stadtrat sauber herausgewunden. Saiten hat vergangenen Herbst in zwei Artikeln den vielfältigen Verflechtungen hier in der Region ansässiger Personen und Firmen mit russischen Rohstoff- und insbesondere Kohlekonzernen nachgespürt. Und dabei einiges, aber noch längst nicht alles entdeckt. Für die Stadt offensichtlich kein Grund, nervös zu werden.

Ja, man habe von 2005 bis 2010 gemeinsam mit der kantonalen Standortförderung russische Staatsangehörige betreut und ihnen «passende Wohnliegenschaften» vermittelt. Seither begleite die städtische Standortförderung aber keine russische Personen und Firmen mehr. Die in die Medien geratene Firma SUEK sei 2020 abgezogen. Und überhaupt: Vor dem Krieg habe es keinen rechtlichen Grund gegeben, der eine Ansiedlung von Firmen oder Privatpersonen aus Russland in Frage gestellt hätte.

Das SECO wirds wohl richten …

Immerhin werde man vom eidgenössischen Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) im Zusammenhang mit der sogenannten «Ukraine-Verordnung» regelmässig mit Listen international sanktionierter natürlicher und juristischer Personen beliefert. Die zuständigen Behörden, das städtische Steuer- und das Grundbuchamt, würden diese Listen regelmässig mit den eigenen Daten abgleichen.

«Die bisherigen Prüfungen ergaben, dass keine der in der Sanktionsliste des SECO erwähnten Personen und Unternehmungen im Kanton St.Gallen steuerpflichtig sind», schreibt der Stadtrat in seiner Antwort auf eine Einfache Anfrage von Stadtparlamentarierin Miriam Rizvi (SP).

Der Stadtrat räumt aber ein: «Anspruchsvoll ist es im Rahmen des Vollzuzgs, allfällige bewusst verschleierte Verflechtungen zu erkennen. Komplexe internationale Konzernstrukturen mit Sitzen in diversen Ländern, teilweise in sogenannten Offshore-Ländern, erschweren es, die Drahtziehenden solcher Firmen zu erkennen.» Oder anders gesagt: Unschöne Verflechtungen gibt es «allenfalls», aber wir haben keine Lust, genauer hinzuschauen, das soll der Bund machen und uns dann die Liste geben.

Nach der Aussenwirkung solcher Verflechtungen für die Stadt St.Gallen befragt, antwortet der Stadtrat, der Ruf einer Stadt sei erst in Gefahr, wenn die gesetzlich erfüllten Auflagen nicht oder fahrlässig erfüllt würden oder wenn sie moralisch verwerfliche Handlungen vollzieht. Wie steht es aber um moralisch verpflichtende Handlungen, die unterlassen werden? Ist es nicht fahrlässig, nicht einmal zu versuchen, den «allfällig bewusst verschleierten», komplexen Konzernkonstrukten behördlich nachzuspüren?

Gut verschleiert, Geld gerettet

Wie viel Geld versteckt der Kreml auf dem Banken- und Immobilienplatz St.Gallen? Wie viel russische und in der Schweiz gelagerte «Kohle» muss noch in diesen unsäglichen Krieg fliessen, bis irgendeine Staatsebene das Gefühl hat, den Geldhahn endlich ernsthaft abdrehen zu müssen?

Die Medien werden nicht müde, die Aussage des amerikanischen Botschafters in Bern in der NZZ zu rezitieren, dass es nicht genügt, 7 Milliarden Schweizer Franken an russischen Vermögen einzufrieren. Es könnten gut auch 50 bis 100 Milliarden mehr sein.

Wir schlucken doch auch sonst alles, was die USA uns diktieren, wenn es um unseren geheiligten Finanzplatz geht. Aber eben nur, wenn die eigene (Geld-)Existenz bedroht ist, wie der Fall der CS wieder einmal gezeigt hat. Solange der Rubel in unsere Taschen rollt, rührt hier kein Schwein eine Klaue.

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