2 Kommentare
Testplanung Güterbahnhof: Man könnte…
Das zweite «Sounding-Board» zur Testplanung für den St.Galler Güterbahnhof zeigte vor allem eines: Noch ist vieles unklar. Vor allem dies: Soll der Verkehr Vortritt haben – oder das Quartier?

Das Testplanungs-Modell von Andy Senn. Rechts die künftige Passerelle, in der Mitte das bestehende Gütergebäude, links die Geltenwilenstrasse. (Bilder: pd)
Auf die Frage, ob die Beteiligten mit den Fortschritten zufrieden sind, gab es die Note 2,8 von einer maximalen 5. Kein Triumph – aber er habe auch keine bessere Bewertung erwartet, kommentierte Kantonsbaumeister Michael Fischer die bescheiden ausgefallene Bewertung der Zwischenergebnisse. Auch das Begleitgremium sei sich im Klaren, dass es noch viele offene Fragen gebe. Immerhin haben die vier eingeladenen Planungsteams nach zwei Zwischenbesprechungen nun unterschiedliche Lösungen vorgestellt.
Doch was sind eigentlich die Eckwerte? Geht es darum, den umstrittenen Autobahnanschluss Güterbahnhof zu planen und nebenan ein neues Quartier zu bauen? Oder wird prioritär ein Quartier mit Wohnen und Gewerbe geplant, und der Verkehr muss später mit jenen Flächen Vorlieb nehmen, die ihm bleiben? Letzteres wohl nicht.
Vortritt für den Verkehr? Oder fürs Leben?
Für die Befürworter des neuen Autobahnanschlusses war weniger wichtig, wie die Häuser hier einmal stehen werden; für sie muss prioritär der Verkehr funktionieren. Dagegen geht es für die Verteidiger einer qualitätsvollen Stadtentwicklung um ein wohnliches Umfeld. Die Testplanung kann diese Grundsatzfragen nach den Prioritäten nicht wirklich beantworten. Es gehe zuerst um Stadträume und erst danach um die Nutzungen, stellte Kantonsbaumeister Fischer fest. Doch damit bleibt das Ganze ziemlich abstrakt.
Darum auch lauter Konjunktive: Man könnte lange Riegel aufs Areal stellen und einen Boulevard entlang der Güterschuppen einrichten. Man könnte sich aber auch eine Punktbebauung vorstellen mit einem oder mehreren hohen Häusern à la Fachhochschule. Man könnte den Autobahnzubringer in Richtung Stadt auf dem inzwischen aufgegebenen Trassee der Appenzellerbahn führen. Man könnte ihn aber auch unterirdisch bis vor die Leonhardsbrücke leiten.
Oder – ziemlich kühn gedacht – man könnte das Malik-Gebäude abbrechen und dort mit dem Autobahnzubringer in die Geltenwilenstrasse einmünden. Wie der Verkehr Richtung Westen in die Oberstrasse eingeführt werden könnte, wurde übrigens am Sounding-Board gar nicht erst vorgestellt.
Kein Wunder, gab es Warnungen vor «Riesen-Verkehrsknoten». Aber es gab auch Pros und Contras zu langen Zeilenbauten, zu öffentlichen Räumen. Velorouten wurden diskutiert: eine neue Verbindung auf der Südseite unter der Leonhardsbrücke hindurch – auf der Nordseite gibt es diese Verbindung ja schon. Man könnte… doch man müsste noch genauer überprüfen…. Man möchte, sollte … Die Konjunktive beherrschten die Diskussion.
Definitives folgt im Mai
Noch haben die Planungsteams ein paar Wochen Zeit, ihre Vorschläge zu schärfen. Im Mai sollen dann die definitiven Resultate vorgestellt werden. Doch bis auf dem Güterbahnhofareal – angesichts des Grundsatzstreits um Sinn oder Unsinn eines weiteren Autobahnanschlusses – etwas passiert, wird es wohl Jahrzehnte und nicht nur Jahre dauern. Und bis dann könnte die aktuelle Testplanung längst Makulatur sein.
Die St.Galler Stadtplanung müsste eigentlich wissen, was aus solchen Planungspapieren werden kann – und dass eben oft nichts daraus wird. Zur Erinnerung: 1992 erhielt die Stadt den Wakkerpreis für ihre damaligen Quartierplanungen. Schaut man sich diese inzwischen 30 Jahre alten Papiere an stellt man fest: Heute ist das alles Makulatur. Die Vorschriften, die Planungsprozesse, die Ziele einer Planung – alles hat sich inzwischen verändert.
Wenn allenfalls 2040 wirklich der Autobahnzubringer in Betrieb gehen sollte und dann das Areal Güterbahnhof überbaut werden kann, wird man womöglich für die heute erarbeiteten Pläne nur noch ein müdes Lächeln übrig haben.
Ich betrachte das abgebildete Modell aus der „Testplanung Güterbahnhof“ und werde daraus nicht schlau. Irgendwo soll der Autoverkehr gemäss dem Projekt ja an die Oberfläche kommen, aber wo? Auf welchem Weg soll die zu erwartende Blechlawine sich in die Innenstadt und Richtung Westen ergiessen, sehr zum Leidwesen der dort lebenden Menschen? Das ist wohl der Zweck dieses Monstervorhabens (800 Millionen?), das dem dumpfen Geist der 1960er Jahre entsprungen zu sein scheint nach dem Muster: Mehr Strassen bauen für mehr Autoverkehr, der dank des zusätzlichen Angebots weiter zunimmt und noch mehr Strassen braucht usw. Trotz dieser düsteren Aussichten wage ich auf Politiker, Politikerinnen und Planungsfachleute zu hoffen, welche aus diesem überholten und nicht stadtverträglichen Vorhaben gerade noch rechtzeitig ausbrechen können. Sollte meine Hoffnung allzu verwegen sein, so werden es Bürgerinnen und Bürger aus Stadt und Land sein, welche gescheiter sind und sich gegen ein derart unsinniges Projekt wehren werden.
Wenn man sich den ganzen Verkehr, der sich vom Schorentunnel durch Geltenwilenstrasse/Oberstrasse/Teuffenerstrasse und andersrum quält, weg denkt, ist die Schorentunnel Ausfahrt für die Stadt vollkommen ausreichend. Das tägliche Chaos hört nur auf, wenn man den Verkehr direkt durch einen langen Tunnel bis zur Liebegg führt und nirgendwo unterwegs raus lässt. Lasst den Kreisel weg, schüttet die im Güterbahnhofareal geplanten Ausfahrten zu und baut ein schönes neue zweckmässiges Hallenbad mitten in die Stadt, damit nicht alle Schüler immer quer durch die Stadt bis raus zum Blumenwies gekarrt werden müssen. Zentral und für alle super erreichbar. Auch und vor allem ohne Auto mit dem ÖV.