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Und nachts ist alles dunkel
Was soll mit den diversen Gebäuden des Kantons in der Hauptstadt passieren? Dafür brauche es eine Strategie, und die Bevölkerung solle mitreden können, findet die SP und lud zum Workshop ins Kulturkonsulat.

In Winkeln, gegenüber der Shopping-Arena, produzierte früher die Gema und dann die Firma Armstrong Metalldecken – doch schon vor zehn Jahren gingen die Lichter aus. Vor fünf Jahren hat der Kanton St.Gallen das Areal erworben und inzwischen ist klar: Dort soll das künftige Sicherheits- und Justizzentrum entstehen.
Als erstes wird die Notrufzentrale aus dem Calatrava-Bau am Spisertor dorthin verlegt, später sollen Kantonspolizei, aber auch die Staatsanwaltschaft und der Zivilschutz in Neubauten nach Winkeln umziehen. Die Stadtplanung sieht dort allerdings ein gemischtes Wohn- und Gewerbequartier vor, kein kantonales Verwaltungsgebäude samt Polizeigaragen und Untersuchungsgefängnis.
Und was passiert in der Folge dieses Umzugs mit den in der Innenstadt frei werdenden Gebäuden? Diese Frage stellte die städtische SP mit Kantonsrätin Bettina Surber und Stadtparteipräsident Peter Olibet am Montagabend an einem öffentlichen Workshop. Dabei wurde klar: St.Gallen kämpft als Kantonshauptstadt mit den gleichen Problemen wie alle Schul- und Verwaltungszentren – solche Gebäude sind fürs Stadtleben nicht wirklich attraktiv, sie sind abends und nachts leer und dunkel und tragen nur wenig zur lebendigen Innenstadt bei.
Deshalb sollen Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner mitreden, wenn der Kanton grosse Zügelaktionen plant – eine (unvollständige) Übersicht über die kantonalen Liegenschaften hier.
Gesucht: Publikumsverkehr für die Stadtbelebung
Zuerst kam die Frage auf: Welche Bedürfnisse hat denn die Stadt? Ein Haus für die freie Kultur? Eine Institution wie der Winterthurer Skills Park? Ein zusätzlicher Saal fürs Kinok in der Lokremise? Ein Hallenbad im Stadtzentrum? Ein Veranstaltungsort als Ersatz für die dafür ungeeignete Reithalle? Oder auch neue, getrennte Räume für die Sozialen Dienste und die Kesb? Diese und andere Stichworte kamen auf den Tisch und wurden in Gruppen diskutiert.
Nur ein Teil dieser Ideen liesse sich in den freiwerdenden Gebäuden des Kantons verwirklichen, aber St.Gallen ist auch in der glücklichen Lage, über zentral gelegene Freiflächen zu verfügen. Vor allem entlang des Bahngrabens, von St.Fiden bis ins Otmar-Quartier.
Kritische Fragen zu Bibliothek und zur Berufsschule
Die Diskussion brachte neben alten Ideen (wie der Umnutzung des Zeughauses für Kunst- und Architekturausbildungen) und neuen Ansätzen auch Kritik an bereits eingeleiteten Planungen.
Weitere Infos auf stadt-strategie.ch
Zum Beispiel: Warum muss die Bibliothek aus der Hauptpost raus? Sie sei dort doch ideal untergebracht, und wenn sie ins Union-Gebäude umziehen soll, könne nur ein monströser Neubau auf dem Blumenmarkt das Raumprogramm erfüllen, lautete ein Einwand. Wenn danach die Hauptpost – wie diskutiert – vollständig zu einem Schulhaus (für die Fachhochschule) wird, werden abends auch dort die Lichter gelöscht, während eine zeitgemässe Bibliothek bis weit in die Nacht hinein offen zugänglich ist.
Oder: Warum saniert und erweitert der Kanton die Berufsschule im Riethüsli für teures Geld? Ein Schulhaus aus den 1970er-Jahren, das nach heutigen Kriterien der Stadtentwicklung am falschen Ort liegt. Oben auf dem Hügel produziert es tausende von Fahrten. Warum die Schule nicht auf einem der freien Bahnareale neu bauen?

Könnte frei werden: Der ursprünglich für die Kantonalbank gebaute Spätrenaissance-Palast an der Schützengasse, heute Sitz der Staatsanwaltschaft. (Bild: René Hornung)
Und was könnte – ein weiteres Beispiel – aus der Staatsanwaltschaft an der Schützengasse werden, wenn das Justizzentrum in Winkeln gebaut wird? Wer würde das 1886 ursprünglich für die Kantonalbank erstellte Gebäude im italienischen Spätrenaissancestil dann nutzen?
Was mit solchen und vielen weiteren Liegenschaften, die mitten in der Stadt stehen aber dem Kanton gehören, ab 2024 passiert, soll nach dem Willen der Initianten zu einem öffentlichen Thema werden.
[…] Das Saiten Magazin hat zum Workshop ebenfalls etwas geschrieben […]
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