, 7. November 2013
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1:12-Dialektik oder: Max, wa meinsch du?

Die Angst vor der 1:12-Abstimmung vom 24. November treibt seltsame Blüten – und nährt Hoffnungen. Ein Kommentar.

Unter dem Titel: «Unter Eunuchen. 1:12 oder warum die Reichen vor zwei, drei Pubertärpolitikern zittern müssen» hat Chefredaktor Markus Somm kürzlich in der Basler Zeitung die liberal-konservative Sonntags-Vision von der grossen schweizerischen Harmonie zwischen Arm und Reich heraufbeschworen.

Was, so fragte sich Somm, hat dazu beigetragen, dass der soziale Friede in der Schweiz brüchig ist und plötzlich Initiativen wie 1:12, die über symbolpolitische Akzente hinausgehen, reale Chancen haben?

Seine Erkenntnis: Nicht der Reichtum der Reichen sei schuld, sondern die verlorene Bescheidenheit und das fehlende politische Engagement der Reichen. Stattdessen seien sie unter den Fittichen der «Kommunikationsbestatter zu Eunuchen des politischen Diskurses geworden», die sich nicht einmal mehr wehren würden, «selbst wenn man ihnen den Lohn weg nimmt».

Ganz anders sei das noch zur Zeit Max Schmidheinys gewesen. Dieser Fabrikant, Grossgrund- und Schlossbesitzer aus dem St. Galler Rheintal sei sich nicht zu schade gewesen, sich sowohl in der Lokal- als auch in der nationalen Politik immer wieder einzuschalten, und das alles bodenständig – obwohl er jeweils mit dem Privatjet nach Bern gereist ist – und im Dialekt. Mit der Folge, dass damals das Schweizerdeutsche noch «jene Sprache war, die den Klassengegensatz mit krachenden Gutturallauten aufhob». Und dass man den Schmidheiny wohl dauernd um Rat und Meinung fragte, aber nicht mit Sätzen wie «Was gedenken der Herr Doktor zu tun?», sondern einfach «Max, wa meinsch du?»

Wenn nun also Herr Somm, der seinen Lohn von einem anderen einfachen und redlichen und dialektgewandten Schweizer Grandseigneur bezieht, von Christoph Blocher, angesichts der 1:12-Abstimmung die Reichen dazu auffordert, bescheiden in jene politischen Ämter zurückzukehren, von denen sie in den neoliberalen Boomjahren guten Grund hatten fernzubleiben, weil die wichtigen Entscheidungen sowieso anderswo fielen: Dann ist das von unerwarteter Seite ein Hinweis darauf, dass Politik und Entscheidungsmacht offenbar dabei sind, wieder in die demokratischen Institutionen zurückzukehren. 1:12 sei Dank.

 

 

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