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Es reicht
Warum es unserem Kolumnisten Jan Rutishauser reicht mit den Reichen. Sein Beitrag aus dem Maiheft.
Es gibt Leute, die haben zu viel Geld. Und das Schlimme ist: Wir als Gesellschaft finden das auch noch erstrebens- und bewundernswert. Ein Problem dabei ist, dass wir Menschen uns «zu viel Geld» gar nicht vorstellen können. Auch ich nicht.
Ich dachte lange: Was ist schon gross der Unterschied zwischen Millionär:in und Milliardär:in? Doch dann bin ich über folgenden Vergleich gestolpert: Wie lange sind 1 Million Sekunden? Es sind ungefähr 11 Tage. Aber wie lange sind 1 Milliarde Sekunden? Es sind über 31 Jahre!
Erst im April hat wieder ein Milliardär die 200-Milliarden-Dollar-Grenze überschritten. Das Vermögen des Franzosen Bernard Arnault hat seit Jahresbeginn in nur drei Monaten um über 39 Milliarden Dollar zugenommen. Ein Mensch so reich, würde er 99,9 Prozent seines Vermögens verlieren, hätte er immer noch fast 200 Millionen.
Dass wir als Gesellschaft überhaupt Superreiche dulden, ist ein Armutszeugnis. Dieser Begriff hat ja drei Bedeutungen. Heisst es einerseits doch, dass man mehr von jemandem erwartet hätte. Andererseits ist es aber auch eine «behördliche Beglaubigung des Anspruchs auf Armenrecht».
Wobei ich mich schon frage: Wie beweist man einem Amt, dass man nichts hat? «Sehen Sie, Herr Müller, in dieser Brieftasche wäre Platz für Geld. Da ist aber nichts. Und wie Sie auch sehen können: Die Brieftasche ist imaginär. Hier hätte eine Brieftasche sein können.»
Gleichzeitig ist ein Armutszeugnis aber auch das, was Reiche anstreben, wenn es ums Steuernzahlen geht. Klar, es gibt Reiche, die von sich selber sagen, dass sie endlich vom Staat richtig besteuert werden sollen. Aber als ich davon zum ersten Mal in der Zeitung gelesen habe, wurde ich schon wieder wütend. Zeigt es doch wieder einmal, wie privilegiert sie sind. Ich sage das seit Jahren und niemand hat es je abgedruckt.
Aber ich finde, es reicht nicht, Reiche endlich richtig zu besteuern. Meiner Meinung nach sollte es eine Vermögensobergrenze geben. Zum Beispiel 10 Millionen. Alles, was darüber verdient oder vererbt wird, geht automatisch an die Gesellschaft.
Was von diesem Geld bezahlt wird, darf aber dann auch ruhig den Namen der Gönner:in tragen. Zum Beispiel die «Rutishauser-Bibliothek», die «Rütsche-Rutsche» oder von mir aus auch die «Blocher-Kläranlage».