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Alternative zum St.Gallen Symposium
Wie setzt man die Utopie einer freien, gerechten und solidarischen Welt um? Wie hält man den revolutionären Geist solcher Utopien am Leben, und welches sind die auch im Hier und Jetzt umsetzbaren Utopien? Unter anderem diskutieren wir am Donnerstag am Saitenschalter im Konsulat.

Auch dieses Jahr treffen sich die Eliten der Welt am St.Gallen Symposium auf dem Rosenberg. Vom 2. bis 4. Mai diskutieren die «Leaders of Today», mehrere Hundert Spitzenkräfte aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, mit den «Leaders of Tomorrow», einer handverlesenen Gruppe von 200 Studierenden aus aller Welt. Ihr Ziel: die «Förderung einer liberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung». Symposiums-Thema dieses Jahr: Beyond the end of work. Unter anderem geht es um den prognostizierten Verlust vieler Arbeitsplätze aufgrund des technologischen Fortschritts – sogar das Grundeinkommen soll in diesem Rahmen diskutiert werden.
Smash-Little-WEF-Demo 2018: 28. April, 14 Uhr, Kantipark St.Gallen
Ins Leben gerufen wurde der Anlass einst von fünf HSG-Studenten. Sie gründeten das International Students’ Committee (ISC) – ihre «Alternative zu den europaweiten Studentenunruhen», sprich zur 68er-Bewegung – und organisierten 1970 das erste Symposium mit etwa 200 Teilnehmenden. Heute ist der Anlass massiv grösser, und man hält sich brav an die sogenannte Chatham House Rule: Informationen dürfen nur nach aussen dringen, wenn deren Urheber und die Beteiligten inkognito bleiben.
Diese fehlende Transparenz in Verbindung mit zum Teil massiv umstrittenen Gästen, darunter UBS-Chef Sergio Ermotti (2013), Glencore-CEO Ivan Glasenberg (2014), der ehemalige Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen (2015), Nestlé-Verwaltungsrat Peter Brabeck und Frontex-Chef Fabrice Leggeri (2016) oder Syngenta-Chef Erik Fyrwald (2017), führt regelmässig zu Kritik am Symposium: Seit 2014 ruft das linke «Smash little WEF»-Bündnis jedes Jahr zum Protest auf. Getragen wir dieses von Juso, Jungen Grünen, ausserparlamentarischen Gruppen und Einzelpersonen.
Saiten-Schalter mit dem Smash-Little-WEF-Bündnis und anderen AktivistInnen: 26. April, 19 Uhr, Konsulat an der Frongartenstrasse 9 in St.Gallen
«Multinationale Konzerne sind mitverantwortlich für die grossen Krisen der jüngeren Geschichte. Daran sehen wir, wie weit es die sogenannt liberale Wirtschaftsordnung gebracht hat», sagte ein Smash-Little-WEF-Aktivist 2015 im Saiten-Interview. «Es ist beschämend, dass sich eine HSG für dieses alljährliche Stelldichein der Global Player aus Finanz-, Rohstoff- und Rüstungsindustrie zur Verfügung stellt. Das wollen wir nicht länger dulden.» Diese Kritik sei aber systembezogen und richte sich nur indirekt an einzelne Teilnehmer.
Aktuell beschäftigt das Bündnis der Angriff der Türkei auf die autonomen Gebiete in Nordsyrien, wo sich die Menschen jenseits von Kapitalismus und anderen Herrschaftsverhältnissen zu organisieren versuchen. Ausserdem sehen die Aktivistinnen und Aktivisten Parallelen zwischen der Weltpolitik 1968 und jener heute – dem Angriff auf Afrin und «Black Lives Matter».
Die Besammlung zur diesjährigen Demonstration ist am 28. April um 14 Uhr im St.Galler Kantipark. Im Vorfeld der Demo lädt das Smash-Little-WEF-Bündnis zum offenen Austausch ins Konsulat. Diskutiert wird um zwei, drei Leitfragen, angelehnt an das 50-Jahr-Jubiläum der 68er-Bewegung (mehr dazu im Maiheft von Saiten): Wie setzt man die Utopie einer freien, gerechten und solidarischen Welt konkret um? Wie hält man den revolutionären Geist solcher Utopien am Leben, und welches sind die auch im Hier und Jetzt umsetzbaren Seiten dieser Utopien?
Dieser Beitrag erschien im Aprilheft von Saiten.