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Unverhüllter Rassismus
Die «Verhüllungsinitiative» fördert antimuslimischen Rassismus und Stereotype. Nein zu stimmen am 7. März heisst nicht, für die Unterdrückung von Frauen zu sein, sondern sich nicht von rassistischen, reaktionären Kreisen einspannen zu lassen.

Obiges Bild ist aus dem Februarheft 2015 von Saiten: Ein Engländer mit dem Pseudonym 2041 hat unter der Burka seine Freiheit gefunden und einen Fotoband mit Gleichgesinnten herausgegeben.
Der Wahnsinn, diese direkte Demokratie! Ständig mitreden, über alles mögliche abstimmen – zumindest der stimmberechtigte Teil der Bevölkerung. Manchmal sogar über Dinge, die uns eigentlich gar nichts angehen und von denen wir, wenn wir ehrlich sind, auch gar nicht viel verstehen.
Die Burka zum Beispiel bzw. der Niqab. Kaum zu glauben, dass all die fucking Provinznester in der Schweiz am 7. März über ein derart komplexes Thema wie die Vollverschleierung von Frauen muslimischen Glaubens richten sollen.
Es ist ja leider nicht so, dass dieser Abstimmungskampf mit differenzierten Argumenten geführt wird. Breite öffentliche Debatten aus postmigrantischer und transnationaler Perspektive finden nicht statt. Stattdessen wird, ausgehend von rassistischen und fremdenfeindlichen Kreisen, schon wieder über die Zugehörigkeit von Minderheiten verhandelt.
Der Subtext: Ihr seid «anders», ihr gehört nicht dazu. Ihr seid ein Problem, das gesondert behandelt werden muss. Das betrifft nicht nur die Musliminnen und Muslime in der Schweiz, sondern auch alle anderen mit Migrationsbiografie in diesem Land.
Diese ausgrenzende Gesinnung hat eine lange Tradition in der Schweiz. Sie wird seit der «Überfremdungsinitiative» in den 1970er-Jahren von den rechtspopulistischen Kreisen wie ein Sauerteig gefüttert.
Das toxische Gemisch konnte über die Jahre munter weitergären und ohne Schulterzucken wurde so 2009 über ein Verbot von Minaretten abgestimmt. Der vorläufige Höhepunkt war die Annahme der «Masseneinwanderungsinitiative» 2014.
Und jetzt also das Verhüllungsverbot. Als wäre das nicht genug, versuchen die Initianten (ja, es sind nur Männer, die sich an diesem Thema so abarbeiten) diesmal auch noch die Frauenrechte zu instrumentalisieren für ihre rassistische Agenda.
Wie wichtig ihnen diese sind, sieht man an ihrem Stimmverhalten in all den Abstimmungen und Vorstössen der letzten Jahrzehnte, als es tatsächlich um die Rechte der Frauen gegangen ist.
Diese Initiative hätte gar nicht erst zur Abstimmung kommen dürfen. Sie spaltet, sie ist rein symbolpolitisch und verheerend für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in diesem Land. Sie fördert antimuslimischen Rassismus und Stereotype. Sie verunmöglicht eine ernsthafte und differenzierte Debatte über die Selbstbestimmung muslimischer Frauen.
Ein «Nein» einzulegen heisst nicht, für einen Verhüllungszwang zu sein, sondern sich nicht von rassistischen, reaktionären Kreisen einspannen zu lassen – für eine zukunftsfähige Schweiz, in der alle die gleichen Rechte haben, unabhängig von Religion, Nationalität, Sprache, Sexualität oder Geschlecht.
Die Politische Frauengruppe (PFG) sagt Nein zur Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot», welche am 7. März zur Abstimmung kommt. Die Initiative schränkt die Grundrechte und die Freiheiten der Frauen* ein und leistet keinen Beitrag zur Gleichstellung.
Frauen* vorzuschreiben, wie sie sich kleiden dürfen, schränkt deren Selbstbestimmung ein. Zudem werden sie durch ein Verhüllungsverbot doppelt diskriminiert: als Frau* und als Muslimin. Kleidervorschriften gehören nicht in die Verfassung.
Die Initiative leistet keinen Beitrag gegen die Unterdrückung von Frauen*. Vielmehr werden Frauen* zu Opfern gemacht. Es ist nicht Sache des Staates zu definieren oder zu entscheiden, ob eine Frau* unterdrückt wird oder nicht – die Selbstaussage der Frau* ist entscheidend. Hingegen soll die Verfassung eine diskriminierungsfreie staatliche Ordnung mit verlässlichen Institutionen garantieren. In diesem Kontext kann sich eine Frau*, wenn sie unterdrückt wird, wehren und bei Bedarf Hilfe finden.
Aus Sicht der PFG ist das Tragen einer Burka oder eines Nikab in der Schweiz eine individuelle Entscheidung. Wo Frauen* von staatlicher Seite unter dem Vorwand religiöser Begründungen verhüllt sein müssen und so diskriminiert werden, müssen Frauenrechte gestärkt werden um das zugrundeliegende patriarchale Weltbild zu überwinden. Weder ein staatliches Verbot und noch viel weniger eine staatliche Pflicht zum Tragen eines Kleidungsstückes führen zu mehr Selbstbestimmung.
Weil die PFG gegen Gewalt und Unterdrückung von Frauen* kämpft und sich für die Gleichstellung aller einsetzt: ein feministisches Nein zur Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot».