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Gleich zweimal für die Katz geplant
Campus Platztor und neues Busdepot – gleich bei zwei Planungen für grosse Bauvorhaben in der Stadt St.Gallen wird die Notbremse gezogen. Dazu kommt ein geplanter Abbruch eines Wohnhauses auf Vorrat. Das sind keine guten Zeichen für die Baukultur.

Platztor: Hier soll – eigentlich – irgendwann einmal der neue HSG-Campus entstehen. (Bild: co)
Schon seit ein paar Wochen wissen wir: Der Kanton will das Projekt für den Campus Platztor neu starten. Nach gut zwei Jahren Vorarbeit zeige sich, dass man mit dem von der Jury ausgewählten Projekt nicht zum Ziel komme. Noch scheinen die Verhandlungen mit dem Architekten, der damals den Wettbewerb für das «Haus im Park» gewonnen hat, zu keiner Einigung geführt zu haben. Jedenfalls hat die Kantonsregierung den eigentlichen Beschluss zum Neustart noch nicht bekanntgegeben.
In der Zwischenzeit machen Gerüchte die Runde, dass das Areal Platztor für die von der Universität geforderten Räume zu klein sei. Dies kolportieren jedenfalls die SP-Stadtparlamentarier:innen Doris Königer und Gallus Hufenus in einer eben eingereichten Einfachen Anfrage. Sie haben erfahren, dass die Stadt das ihr gehörende Haus am Pfauengässlein auf Vorrat abbrechen will.
Dieses Wohnhaus steht etwas einsam auf dem Platztor-Areal und bietet einfache Wohnungen an, die den Mieter:innen aber genügen. Königer und Hufenus kritisieren die geplante Vernichtung von günstigem Wohnraum, zumal man nicht wisse wann und ob überhaupt hier ein neues Campus-Projekt realisiert werde.
Uni will mehr Räume – Stadt mehr Parkplätze
Was dran ist am Gerücht über das zu kleine Grundstück, wird der Stadtrat dann möglicherweise in der Antwort auf die Anfrage klarstellen. Aber ganz aus der Luft gegriffen ist die Nachricht nicht. Das bisherige Campus-Projekt scheiterte offensichtlich auch daran, dass die Universität mehr Räume verlangte. Das hätte aber zu einem Bau geführt, der höher geworden wäre als die Bauvorschriften es zulassen.
Man habe mehr unterirdische Volumen in den Hang hinein geplant, hiess es bei der letzten Präsentation des Projektes – ein Zeichen dafür, dass wohl ungenaue Vorgaben das Projekt zum Scheitern brachten. Und dass die Zusammenarbeit zwischen kantonalem Hochbauamt, Universität und Architekt nicht wirklich gut lief.
Wenn für den Campus nun tatsächlich ein neuer Standort gesucht wird, stellt sich die Frage, was auf dem Platztor-Areal entstehen könnte. Die offene Kirche könnte stehen bleiben, auch das Haus am Pfauengässlein, das nun auf der Abbruchliste steht. Doch es könnte auch Teil eines neuen Wohnquartiers werden – mit einer Top-Lage, direkt am Altstadtrand.
Die beiden Parlamentsmitglieder fordern vom Stadtrat deshalb eine «ergebnisoffene» Überprüfung der Situation – und vor allem kein Abbruch zugunsten von Parkplätzen, wie es der städtischen Direktion Bau und Planung offensichtlich vorschwebt. Noch mehr und oberirdische Parkplätze direkt neben dem bald fertigen Riesenparkhaus UG 25. Stadtrat Markus Buschor wird es nicht einfach haben, diese aus der Zeit gefallene Nutzung plausibel zu erklären.
Busdepot mehr als doppelt so teuer
Markus Buschor und sein Stadtratskollege Peter Jans haben noch ein grösseres Problem: Sie mussten festetellen, dass das Projekt eines neuen Busdepots samt neuen Verwaltungsbüros für die technischen Betriebe an der Rechenstrasse kostenmässig an die Wand gefahren ist.
Auch hier entscheid sich eine Jury für ein Projekt, von dem Fachleute bald einmal sagten, es stelle höchste technische Anforderungen, vor allem in der Statik – und das werde teurer. Wie teuer wissen wir inzwischen: Aus den zuerst geschätzten 115 wurden 259 Millionen. Allein für die Ausarbeitung eines fertigen Projekts wären weitere 3,4 Millionen nötig gewesen.
Deshalb hat der Stadtrat jetzt die Reissleine gezogen und die Übung abgebrochen. Das Superhaus für die Busse und die technischen Betriebe wird so nicht kommen. Man wolle Busdepot und Bürobauten getrennt neu planen. Auch der Standort fürs Busdepot an der Rechenstrasse soll nochmals diskutiert werden. Erst in zwei Jahren könne man dann neue Ideen präsentieren.
Zwei gescheiterte Grossprojekte und ein Abbruch eines Wohnhauses auf Vorrat sind kein Ruhmesblatt für die örtliche Baukultur.
Danke René
Ich würde in die Liste auch noch die Tagesbetreuung Boppartshof nehmen auch wenn dort die Kommastelle verschoben war. Von knapp 9 Millionen (Budget) auf über 15 Millionen (Bauprojekt) ist nicht wirklich akzeptabel, was auch das Stadtparlament so gesehen hat.
Das macht Sorgen, Sorgen auch in Bezug auf die kommende Bibliothek.
Danke René auch von mir:
Darf ich den Reigen um die St.Fiden–“Überdachung“ ergänzen? Und es ist übrigens nicht so, dass lediglich bei Grossvorhaben auf Kosten der Steuerzahlenden gepatzt wird. Das wäre dann mal eine nächste Recherche wert.
Danke René! Vor allem auch für die Hintergründe zum Scheitern des Campus-Neubaus. Ähnliche Insider-Infos zu den Ursachen des städtischen Flops an der Rechenstrasse wären wertvoll.
Bei mir verdichtet sich der Eindruck, dass irgendwo in der Bauplanung der Stadt der Wurm drin ist. Und das Problem scheint sich zu akzentuieren. Für die aus Spargründen nicht ausgeführt Sanierung des Waaghauses (nötig wäre sie immer noch) wurde damals eine Million in den Sand gesetzt. Dito für den vom Volk gestoppten politischen Pfusch auf der Sömmerliwiese. Jetzt sind’s fürs Betriebsgebäude an der Rechenstrasse bereits 2,5 Millionen, die verpufft wurden. Das gibt ein etwas gar teures Kapitel für den zweiten Band von „St.Gallen, wie es nie gebaut wurde“…
Weitere Probleme sind absehbar: Die Tagesbetreuung Boppartshof gehört kostenmässig tatsächlich auch in dieses Kapitel. Ganz zu schweigen vom Marktpavillon auf dem Marktplatz: Das Projekt und der Weg dazu überzeugen überhaupt nicht. Da verbaut die Stadt am Schluss die zentrale Freifläche der Altstadt mit einem überdimensionierten Schickimickibau, den ausser einigen Architekten und Planern sowie dem Baudirektor niemand wirklich will.
Wieso sich die Direktion Planung und Bau mit Projekten immer wieder schwer tut, konnte mir bisher niemand wirklich erklären. Der Hinweis Betroffener, das Bauen werde halt immer komplizierter, scheint mir eher eine Ausrede zu sein. Andere bauen ja auf der gleichen rechtlichen Basis auch. Ist allenfalls ein zu hoher Anspruch, in jedem Fall baukulturelle Topleistungen bieten zu wollen, einer der Stolpersteine? Auf dem Marktplatz waren ja bereits die Vorgaben für den Wettbewerb ziemlich schräg, um nicht zu sagen komplett abgehoben.
Diesen unerfreulichen Planungen und deren Zusammenbrüchen mag sich hoffentlich auch noch das völlig überdimensionierte Bibliothekshochhaus beim Union-Gebäude hinzugesellen. Und wer will eigentlich, dass der Marktplatz und die Umgebung des Union-Hausses jahrelang zu Baustellen werden? Was haben wir als Stadtbewohnter davon ausser verspäteten Bussen, dauerndem Baulärm und viel Dreck?