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Im Kopf des Mörders
Mord als Weg zum Ruhm? Um diese monströse Frage dreht sich das Stück Heros des Duos Buseke-Lüdi, als Gastspiel in der St.Galler Lokremise zu sehen. Im Zentrum steht der Mörder von John Lennon.

«All der Quatsch von Liebe und Frieden, den er verkündet hat, war unwahrhaftig. Ich aber habe an diese Ideale geglaubt, und das hat mich innerlich zum Krüppel gemacht. Der Kerl hat mein Leben ruiniert. Er, der vermeintlich Grösste, hält die Welt an der Kette, sie folgt ihm auf das Wort – und ich bin nicht einmal ein Glied in dieser Kette.»
Der «Grösste», das ist in diesem verstörenden Monolog John Lennon. Und der «Krüppel», der hier spricht, ist sein Mörder. In der Realität hiess er Mark David Chapman, hier im Stück nennt er sich den «Niemand», den «Unbekannten schlechthin», den «Nowhere-Man», von dem Lennon gesungen habe. Dieser Niemand hat ein Ziel: teilzuhaben an seinem Ruhm. Und dazu gibt es nur einen Weg: zu töten.
Über die Motive Chapmans ist vieles bekannt. Das Stück Heros bleibt nah am Dokumentarischen, geht aber noch einen Schritt weiter und versetzt das Publikum ganz in die psychotische Kopf-Innenwelt des Mörders. Die Spielanlage ist kammerspielartig, klaustrophobisch. Die Zuschauer sind um Schauspieler Michael Buseke gruppiert, werden ins Spiel einbezogen. «Ihr müsst wie gebannt zuschauen. Wieder und wieder. Wir gerne würdet Ihr mich an den Schultern packen, um mich durchzurütteln, mir Euern Zorn ins Gesicht zu schreien. Wie gerne wider alle Denkbarkeit das Schicksal korrigieren…».
Einen Trailer zum Stück gibt es hier.
Das preisgekrönte Stück von Björn Steiert spielt in den Abendstunden des 8. Dezember 1980. Vor dem «Dakota» in New York wartet der Attentäter mit geladenem Revolver. Dessen Monolog macht die ins Krankhafte gesteigerten Identifikation mit seinem Idol Lennon kenntlich, eine Identifikation, die über die Jahre in Hass umgeschlagen ist. Das Stück stellt darüberhinaus die Frage nach gesellschaftlicher Geltung und Ächtung und kritisiert das hemmungslose Gieren nach Ruhm, das am Ende auch vor einem Mord nicht zurückschreckt.
Heros, in der Regie von Dominique Lüdi, wurde 2011 in Zürich uraufgeführt und kommt jetzt nach St.Gallen, nach einem in der Presse kontrovers besprochenen Gastspiel in Basel – umstritten scheint namentlich die Anlage der Inszenierung, das Publikum quasi in eine Komplizenrolle hinein zu versetzen.
Heros, 14. bis 16. August, je 20 Uhr, Lokremise St.Gallen