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Mit erhobenem Zeigefinger
Das Kunsthaus Bregenz zeigt Barbara Kruger in einer grossen Einzelausstellung. Die Losungen der Amerikanerin sind nicht neu – aber unvermindert aktuell.

Ausstellungsansicht 3. OG, Kunsthaus Bregenz Foto ©: Christian Hinz © Kunsthaus Bregenz
Es ist der ganz normale Wahnsinn. Zwei sitzen am Tisch, oder drei oder vier, ein Wort ergibt das andere. Schnell sind alle voneinander genervt, obwohl keiner wirklich etwas gesagt hat, zumindest nichts von Bedeutung. Die eigentlichen Inhalte spielen sich im Kopf ab, beziehungsweise im Subtext.
Barbara Kruger zeigt im Kunsthaus Bregenz eine ihrer raren Videoinstallationen. Sie hat professionelle Schauspielerinnen und Schauspieler banale, allbekannte Szenen spielen lassen und das gesprochene Wort mit einem Untertitel ergänzt, der nicht das Gesagte wiederholt, sondern die Gedanken offen legt. Aber wessen Gedanken? Der Sprechenden? Ihrer jeweiligen Gegenüber? Des Publikums? Ach, wenn Gedankenlesen doch so einfach wäre. Aber gerade, weil es das nicht ist, suggerieren die nebeneinander laufende Hirn- und Tonspur, es doch wieder einmal zu versuchen, mehr zu spüren als zu sprechen.
Doch grundsätzlich ist die Sprache Barbara Krugers Medium. Seit den 1980er Jahren arbeitet sie mit vorgefundenen Bildern und dem geschriebenen Wort. Mit der 1927 von Paul Renner entwickelten Schrift Futura setzt sie markante Statements zum Verhältnis der Geschlechter, zu Krieg, Kultur und thematisiert soziale ebenso wie politische Fragestellungen. Daran hat sich nichts geändert und auch ihre jahrzehntealten Losungen sind leider noch immer aktuell.
Schon deshalb lohnt sich der Besuch der Einzelausstellung der Künstlerin in Bregenz. Aber es gibt noch einen anderen Grund wieder einmal ins Kunsthaus zu fahren: Wie kaum ein anderer Künstler oder eine Künstlerin geht Kruger auf die Architektur Peter Zumthors ein. Sie holt einerseits das Beste heraus für ihre Arbeit und arbeitet andererseits die Qualitäten des Baus heraus.

UV-Druck auf Vinyl, Boden 21 x 23 m Ausstellungsansicht 1. OG, Kunsthaus Bregenz, Foto ©: Christian Hinz
Mit wandhohen Lettern, zentimetergenau gesetzt, bespielt sie das Obergeschoss. Der Boden des ersten Stockwerks ist vollständig mit Schrift bedeckt, perfekt eingesetzt und mit überwältigendem Effekt. Die Aufrufe zum physischen und verbalen Gewaltverzicht in weiss auf schwarz vor den grauen Betonwänden – das lässt sich in seiner Wirkung kaum mehr steigern. Barbara Kruger hatte einmal die Architektur als ihre erste Liebe bezeichnet, in Bregenz ist derzeit der Beweis dafür zu sehen.
Dienstag – Sonntag 10 – 18 Uhr, Donnerstag 10 – 21 Uhr, bis 12. Januar