, 22. April 2010
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Schwarzer Tag für die Stadtpolitik

Wie heute das «Tagblatt» über zwei Seiten berichtet, ist in der Stadt St.Gallen der Parkplatz-Kompromiss von allen Parteien und Organisationen unterzeichnet worden. Also auch von der SP, den Grünen und dem VCS. Es fällt schwer, ein Bild für dieses Einknicken zu finden. Nahe liegend ist vielleicht dieses aus der weiten Welt des Fussballs: Nach einem […]

Wie heute das «Tagblatt» über zwei Seiten berichtet, ist in der Stadt St.Gallen der Parkplatz-Kompromiss von allen Parteien und Organisationen unterzeichnet worden. Also auch von der SP, den Grünen und dem VCS.

Es fällt schwer, ein Bild für dieses Einknicken zu finden. Nahe liegend ist vielleicht dieses aus der weiten Welt des Fussballs: Nach einem Steilpass hat der Stürmer völlig freie Bahn in Richtung Tor. Kein Verteidiger weit und breit. Der Stürmer stoppt den Ball und spielt ihn zurück. Er will offensichtlich keinen Treffer erzielen.

Zur Erinnerung: Mit Steilpass ist die Städteinitiative gemeint, die den motorisierten Individualverkehr plafoniert. Inzwischen ist auch klar, wieso diese Initiative Erfolg hatte: Sie wurde von Zürich aus und nicht in St.Gallen lanciert.

Nun gibt es also einen Parkplatzkompromiss. Der Name ist gelinde gesagt irreführend. Das Ja zum Parkplatz-Kompromiss heisst etwas ganz anderes:
Es ist ein Ja zur Marktplatz-Parkgarage, einem reinen Prestigeobjekt der FDP.
Es ist ein Jahr zur verunglückten Neugestaltung des Marktplatzes.
Es ist ein Jahr zu einem entleerten Bohl, einem der hässlichsten Plätze weitum.
Es ist ein Ja zu überflüssigen neuen Busunterständen am falschen Ort.
usw.

Falls es nur einigermassen gelingt, die Gegner des Projekts jedweder Couleur zu mobilisieren, sind nach der Parkgaragen-Abstimmung auf den Siegerbild nur Juso und Junge Grüne zu sehen. Und natürlich das Initiativkomitee um Hansueli Stettler und die Pro-Calatrava-Fraktion (siehe Foto).

Herzliche Gratulation jetzt schon.

Wieso lassen sich Linke und Grüne mit ein paar windigen Zugeständnissen kaufen?

Die SP hatte die Wahl, entweder profillos zu bleiben oder gegen eine Vorlage ihrer Stadträtin Elisabeth Béery anzutreten. Oder genauer: Gegen eine Vorlage des bürgerlichen Stadtrates, die Stadträtin Béery vertreten muss.
Die grosse Mehrheit der Fraktion entschied sich für die Nibelungentreue zu Béery.
Überhaupt Béery.
Was ist eigentlich links an der SP-Stadträtin?
Soviel Begeisterung für bürgerliche Vorlagen!

Man muss das einmal durchdenken: Statt der SP-Frau würde eine CVP-Vertreterin im Stadtrat sitzen. Wäre irgendetwas anders? Jedenfalls nicht in der Wohnbaupolitik, die konsequent auf die sogenannt guten Steuerzahler ausgerichtet ist. Hinweise werden dankbar entgegengenommen.

Die Grünen? Da fällt einem bei besten Willen nichts Druckreifes ein.

Der VCS? Ist seit längerem der Hort der Erbsenzähler und Parkplatz-Buchhalter.

Fassen wir zusammen: Die FDP, Gewerbekreise und einige Investoren wollen mit aller Macht eine Parkgarage durchdrücken, die vor allem den Pendlern aus Agglo-Gemeinden wie Teufen etwas bringt. (Dem Vernehmen nach soll sich übrigens auch das St.Galler Tagblatt ein paar Plätze gesichert haben.)

SP, Grüne, VCS verzichten freiwillig auf Opposition.

So läuft das in St.Gallen.

Ach ja, es soll in der Innenstadt ein paar Parkplätze weniger geben.

Wen interessierts?

(Vor allem, wenn man weiss, dass es die Stadt jahrelang versäumt hat, für die vielen zusätzlichen Parkplätze in den neugebauten Parkgarage oberirdische aufzuheben)

2 Kommentare zu Schwarzer Tag für die Stadtpolitik

  • Tek Berhe sagt:

    Das Plakat kann unter http://bahnfahrer.ch/main.html?src=%2Findex2.html#4,0 heruntergeladen werden. Wildes Plakatieren kann zu rechtlichen Nachteilen führen! Unbedingt Regelement beachten, Besitzer um Erlaubnis fragen.

  • Thomas Schwager sagt:

    Wer von der Saitenlinie aus ein Spiel kommentiert, der weiss es natürlich immer alles besser als die Akteure auf dem Feld. Und vieles, was von der Saitenlinie aus zum Spielverlauf von sich gegeben wird, ist ebenfalls nicht druckreif.

    Den Beweis dafür, dass das eigene Team den Ball versenkt hätte, wäre der Flügelstürmer auch nur ein Mü mehr links gestanden oder hätte den Ball höher in das grüne Rechteck vor dem Tor geflankt, den bleiben die Stammtisch-Trainer immer schuldig. Ist ja auch bequemer und einfacher, andere Leute seckeln zu lassen und sie zu kritisieren.

    Aber im Ernst: Ich habe durchaus Verständnis für die harsche Kritik von Andreas Kneubühler und anderen am getroffenen Parkplatzkonsens. Aber auf dem Spielfeld sind die beiden Mannschaften (ja, es waren auch Frauen dabei) nicht gleich stark vertreten. Links-Grün war wohl in guter Form, spielte aber in der Unterzahl. Das wird so bleiben, bis sich die Mehrheitsverhältnisse in der Stadt ändern. Zur Erinnerung: Im fünfköpfigen Stadtrat steht es 5 zu 1!

    Darum: Nicht unbedingt weg von der Saitenlinie, aber mehr Engagement in den Mann- und Frauschaften von VCS, SP, Grünen oder wo auch immer! Das Spiel um die richtige Politik und den richtigen politischen Konsens beginnt jeden Tag von neuem!

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